[Rezension] Liz Webb – Die Bucht

“In der Hoffnung auf einen Neuanfang zieht Nancy mit ihrem Mann Calder auf eine kleine Insel vor der Westküste Schottlands. Es fällt ihr jedoch schwer, sich in der kargen Landschaft mit den verschlossenen Bewohnern einzuleben. Und dann wird auch noch ihr größter Alptraum wahr: Sie findet Calders umgestürztes Boot in einer Bucht, sein Körper treibt regungslos im eiskalten Wasser. Dass er überlebt, gleicht einem Wunder. Doch Calder ist nach diesem Vorfall nicht mehr derselbe. Nancy spürt, dass er etwas vor ihr verbirgt, und sein Verhalten macht ihr Angst. Und als eine Leiche an den Strand gespült wird, weiß Nancy: Ein Neubeginn kann die Vergangenheit niemals völlig auslöschen…”
Autorin: Liz Webb
Titel: Die Bucht
Übersetzung: Sabine Thiele
Genre: Thriller
Seitenzahl: 384
Erscheinungsdatum: 16. April 2025
Verlag: Goldmann
Preis: 17,00€ (Paperback); 13,99€ (E-Book)
Meine Meinung:
Nancy und ihr Lebensgefährte Calder verlassen das stressige Londoner Leben für ein Cottage auf einer abgelegenen, kleinen Insel vor der Westküste Schottlands. Calder ist hier aufgewachsen und kehrt nun als „verlorener Sohn“ der Insel zurück. Die schroffe Küstenlandschaft und wortkarge Einwohner machen den Neustart für Nancy jedoch alles andere als leicht. Nach einem mysteriösen Bootsunglück findet Nancy Calder bewusstlos in der Bucht treibend. Nancy kann Calder retten, doch seit dem Unglück verhält er sich distanzierter und beinahe fremd. Die Insel, die einst ein Neuanfang sein sollte, wird zum Alptraum von Nancy. Die alteingesessenen Inselbewohner geben sich weiterhin geheimnisvoll und als ein Leichnam angespült wird, weiß Nancy kaum noch wem sie trauen soll…
“Die Bucht“ startet zu Beginn recht stark. Die abgelegene Inselkulisse ist atmosphärisch dicht und unterstützt das beklemmende Gefühl von Misstrauen und Unsicherheit, welches irgendwie von der Beziehung von Calder und Nancy ausgeht. Auch wenn die Beziehung anfangs noch sehr harmonisch dargestellt wird, so kann man doch erahnen, dass es eben doch nicht so rosig ist. Die Bewohner der Insel nehmen die beiden auch nicht eben freundlich auf, auch wenn Nancy es als komplett Fremde nochmal schwerer hat. Man spürt die Distanz in den Gesprächen, die Schwere der Inselvergangenheit, ohne dass konkret etwas ausgesprochen wird. Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen, er ist flüssig und bildhaft, wodurch man schnell in die Handlung eintaucht.
Die Geschichte braucht etwas Zeit, um in Gang zu kommen. Einige Passagen ziehen sich, gerade im Mittelteil schleichen sich Längen ein. Für einen Thriller fehlt die ständige Spannung, die einen zwingt, weiterzulesen. Gelegentlich flammt die Spannung auf, aber sie brennt eher langsam, statt wirklich zu fesseln.
Calder blieb mir durchweg rätselhaft und unsympathisch, was vermutlich auch so beabsichtigt ist, aber das macht es schwer, eine emotionale Bindung aufzubauen. Nancy hingegen wirkt in vielen Momenten sehr gutgläubig, beinahe naiv, was mich manchmal frustriert hat. Trotzdem verfolgt man ihre Gedanken gern, gerade weil sie selbst beginnt, alles in Frage zu stellen.
„Die Bucht“ von Liz Webb überzeugt mit einem atmosphärisch dichten Setting und einer unterschwelligen Spannung, die leise, aber konstant präsent ist. Allerdings braucht die Handlung etwas Zeit, um an Fahrt aufzunehmen, und verliert zwischendurch spürbar an Tempo. Die Figuren bleiben ambivalent, was die emotionale Bindung erschwert, aber auch das Misstrauen als zentrales Thema glaubhaft transportiert.
Für Fans psychologischer Spannung mit langsamem Aufbau und einer Prise Mystery durchaus lesenswert, für mich ein solider Thriller in atmosphärischer Küstenstadt. Erfahrene Thrillerleser werden vermutlich früh erahnen, worauf die Geschichte hinausläuft. Dennoch bleibt ein gewisser Reiz, das Puzzle bis zum Ende zusammenzusetzen.
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