[Rezension] Mary Kubica – Local Woman Missing

„Du wirst sie nicht finden. Versuch es gar nicht erst.
Als die sechsjährige Delilah und ihre Mutter spurlos verschwinden, wird ihre friedliche Vorstadt von Angst und Misstrauen zerfressen. Elf Jahre später taucht Delilah plötzlich wie aus dem Nichts wieder auf. Ihre Nachbarn wollen Antworten: Wo war sie so lange? Wo ist ihre Mutter? Ist der Täter noch unter ihnen? Niemand ist auf die erschreckende Wahrheit vorbereitet, die nun unvermeidlich ans Licht kommt …“
Autorin: Mary Kubica
Titel: She‘s Not Sorry
Übersetzung: Gabriele Weber-Jarić
Genre: Thriller
Seitenzahl: 382
Erscheinungsdatum: 11. November 2025
Verlag: Aufbau Taschenbuch
Preis: 15,00€ (Klappbroschur); 4,99€ (E-Book)
Meine Meinung:
Im ruhigen Vorort einer Studentenstadt scheint das Leben sicher zu sein, bis plötzlich zwei Frauen spurlos verschwinden. Zuerst verschwindet Neumama Shelby, kurz darauf ihre Nachbarin Meredith mit ihrer sechsjährigen Tochter Delilah. Jahre vergehen, die Ermittlungen verlaufen im Sande und die Ereignisse geraten in Vergessenheit. Doch elf Jahre später taucht Delilah auf einmal wieder auf. Was ist damals wirklich geschehen? Wer weiß mehr, als er oder sie preisgeben will?
Die Story wird uns nicht einfach chronologisch erzählt. Stattdessen wechseln sich die Zeitstränge ab. Wir haben einerseits die Vergangenheit, vor und nach dem Verschwinden von Meredith und Delilah, und wir haben die Gegenwart, in der Delilah wieder zurückgekehrt ist. Innerhalb dieser Hauptzeiträume gibt es zudem unterschiedliche Perspektiven. Merediths Sicht in der Vergangenheit, Delilahs in der Gegenwart, aber auch andere Figuren wie Shelby oder die Nachbarn, die ihre Erinnerungen oder Beobachtungen schildern. So entsteht ein komplexes Geflecht, denn dieselben Personen tauchen immer wieder auf, aber wir erleben sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten und durch verschiedene Blickwinkel. Das führt dazu, dass wir nicht einfach nur erfahren, was damals los war, sondern vielmehr Stück für Stück verstehen, wie die Ereignisse ineinandergreifen. Dieser Aufbau hat es so spannend gemacht, ich konnte das Buch kaum weglegen. Permanent hatte ich neue Fragen im Kopf und hab mich vor allem gewundert, wie das alles aufgelöst werden soll?
Die eigentliche Hauptfigur, Delilah, um deren Verbleib es die meiste Zeit geht, kommt lediglich zu Beginn zu Wort. Nach dem Auftauchen von ihr, ergreift ihr Bruder Leo das Wort, was im ersten Moment etwas deplatziert wirkt, weil er noch ein Kleinkind war, als seine Schwester verschwand. Doch je mehr man von Leo liest, desto klarer wird, dass auch seine Sicht auf das Ganze sehr wichtig ist und Leo auch sehr unter der Situation zu leiden hat.
Mich hat das Buch sehr begeistert, auch wenn es kleine Schwächen für mich hatte. Die unterschiedlichen Perspektiven und Zeitstränge haben dafür gesorgt, dass ich unheimlich neugierig darauf war, wie das Ganze zusammenhängt und wie man von der einen Situation in der Vergangenheit zu diesem Ergebnis in der Gegenwart gelangen kann. Ich hatte viele Fragezeichen im Kopf, ich war komplett drin in der Geschichte und emotional beteiligt. Die Figuren haben mich berührt, besonders in den traurigen Momenten. Das Thema Geburtshilfe, das hier mit eingebracht wurde, etwa über Machtverhältnisse in solchen Extremsituationen, und dass Frauen mitunter schreckliche Dinge erleben im Kreissaal, fand ich sehr wertvoll.
Ich habe mich jedoch im Verlauf mehrfach gefragt, wie dieses Konstrukt sinnvoll aufgelöst werden kann mit all den zu klärenden Fragen. Und ja, es wurde aufgelöst, aber die Logik der Auflösung hat mich nicht in allen Teilen überzeugt. Das Ende mit seiner unbefriedigenden Auflösung kam sehr abrupt und die Spannung fiel sehr flach ab. Ich wurde mit einem Gefühl zurückgelassen, das eher nachdenklich und ein bisschen unbefriedigt war. Viele Fragen blieben für mich offen, obwohl es noch einen kleinen Nachspann gab. Insgesamt also, ein äußerst packender Thriller mit großen Stärken, aber eben auch mit kleinen Schwächen im letzten Drittel.
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