[Rezension] Jess Kitching – Opfer Nummer 11
„Du darfst dich niemals sicher fühlen
Zehn Jahre ist es her, dass Hannah einem brutalen Serienkiller entkommen konnte. Zehn Jahre, in denen sie sich mühsam ein neues Leben aufgebaut hat. Zehn Jahre, in denen sie versucht hat, mehr zu sein als das »Opfer Nummer 11«. Endlich will sie die wöchentlichen Meetings mit der Selbsthilfegruppe hinter sich lassen und mit ihrem Mann einen Neustart wagen. Doch dann verschwinden wieder junge Frauen in dem kleinen englischen Ort. Ihre ausgebluteten Leichen lassen Hannah ihre schlimmsten Ängste wieder durchleben. Sie weiß, der Täter ist eigentlich hinter ihr her. Damals konnte sie überleben – doch reicht ihr Glück auch ein zweites Mal?“
Autorin: Jess Kitching
Titel: Opfer Nummer 11
Übersetzung: Lina Höfler
Genre: Thriller
Seitenzahl: 352
Erscheinungsdatum: 25. September 2025
Verlag: Ullstein
Preis: 12,99€ (Paperback); 9,99€ (E-Book)
Meine Meinung:
Vor 10 Jahren ist Hannah einem berüchtigten Serienkiller entkommen. Damals wurde sie bekannt als „Opfer Nummer 11“, eine Bezeichnung, die sie seit dem verfolgt. Seit damals hat Hannah sich Stück für Stück ins Leben zurück gekämpft, hat an Selbsthilfegruppen teilgenommen und versucht, ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen. Mit ihrem Partner Joel steht sie kurz vorm Hauskauf und außerdem wollte Hannah endlich einen weiteren wichtigen Schritt wagen, und sich von den jahrelangen Besuchen in der Selbsthilfegruppen verabschieden. Doch plötzlich beginnen wieder junge Frauen zu verschwinden und lassen Hannahs schlimmste Albträume wiederaufleben. Der Täter hinterlässt eindeutige Hinweise auf die Mordserie von damals, der Hannah nur knapp entkommen konnte. Wer ahmt die schrecklichen Morde nach und hat der Täter es wieder auf sie abgesehen?
Hannah ist die zentrale Figur, und man merkt schnell, wie sehr sie mit der stetigen Angst kämpft. Ein normales Leben zu führen und sich nicht ständig dieser Angst hinzugeben, war ein langer Weg für sie. Sie hat sich äußerlich verändert und versucht innere Stärke aufzubauen, um nicht mehr nur als „Opfer Nummer 11“ gesehen zu werden. Hannahs Entwicklung im Laufe des Buches ist spürbar. Zunächst eher ein Rückfall in alte Muster, aber dann sie wächst doch über sich hinaus, vor allem im Umgang mit der Angst. Alles in allem war Hannah sehr nahbar und wirklich eine sympathische Protagonistin, die man einfach nur mögen kann.
Detective Conrad ist eine wichtige Nebenfigur, weil er sowohl damals die Ermittlungen geleitet hat, als auch in der jetzigen Mordserie. Er ist sicherlich kompetent, aber nicht unfehlbar, vor allem nagt immer noch an ihm, dass er damals den Fall nur durch einen Hinweis aus der Bevölkerung lösen konnte, anstatt selbst durch Ermittlungsarbeit. Seine Sicht liefert wichtige Infos und alternative Perspektiven.
Das Buch ist größtenteils in der Gegenwart angesiedelt, mit dem Fokus auf Hannah, wodurch man sich mit ihr sehr verbunden fühlt. Allerdings gibt es immer wieder Rückblicke, die wichtige Hintergrundinfos liefern. Was ist vor zehn Jahren geschehen? Wie war Hannahs Leben danach? Diese Fragen kamen bei mir sehr schnell am Anfang auf, es hat jedoch gedauert bis sie geklärt wurden. Diese Rückblicke sind gut in die Story eingebunden, sodass sie das Bild nach und nach vervollständigen.
Besonders spannend fand ich, wie abwechselnd Kapitel aus der Sicht des Detectives eingeschoben sind. Sie geben einen anderen Blickwinkel auf die Ermittlungen, auf die Verletzlichkeit der Opfer und die Umgebung. So konnte man ein komplexeres Bild aufbauen, als wenn alles nur aus Hannahs Perspektive geschildert worden wäre.
Wir haben außerdem Abschnitte aus der Sicht des Killers, die auch optisch hervorgehoben sind. Man bekommt eine Art inneren Monolog des Täters zu lesen. Nicht genug, um zu wissen, wer er ist, aber genug, um mitzurätseln, wer denn nun der Täter ist.
Der Stil der Autorin ist packend, aber nicht übertrieben brutal, zumindest nicht durchgehend. Die Gewalt ist vorhanden, denn die Taten sind auf jeden Fall erschütternd, aber man erfährt sie im Nachgang oder durch Rückblicke, Berichte, statt mitten im Geschehen zu stecken. Das dämpft zwar ein wenig die Schockwirkung, sorgt aber gleichzeitig für eine beklemmende Atmosphäre.
Die verwendete Sprache ist sehr zugänglich, so dass sich das Buch schnell lesen lässt. Ein echter Page-Turner! Man merkt, dass das Tempo von Kapitel zu Kapitel steigt und wie auf einen Showdown hingearbeitet wird. Es gibt Momente, in denen es etwas ruhiger ist, in denen man mehr in Hannahs Innenleben ist, und dann passieren wieder Dinge, die die Spannung anheizen. Die ruhigen Momente haben bei mir dazu beigetragen, Hannah noch mehr zu mögen. Hannah war so viel mehr als nur das Opfer, sondern eine Frau mit Ängsten, Hoffnungen, Zerrissenheit und dem Bedürfnis, endlich „mehr“ zu sein.
„Opfer Nummer 11“ war für mich ein richtig gelungenes Buch. Es war spannend ist von Anfang bis Ende, denn man will unbedingt wissen, wer der Täter ist und wie sich alles verbindet. Das Ende hat mich tatsächlich überrascht und vor allem war ich positiv überrascht von der Auflösung, da ich schon dachte, ich hätte das Rätsel frühzeitig gelöst. Ich hoffe wir können in Zukunft noch mehr von Jess Kitching lesen!

